Wie die Schweden ihre Feste und Feiertage begehen – Teil 2

Im ersten Teil meines Artikels über die Feste und Feierlichkeiten habe ich über das erste Halbjahr bis zur Midsommarfeier berichtet, dem wohl „schwedischsten“ Fest des ganzen Jahres. Wie geht es nun weiter im zweiten Teil des Jahreskalenders?
Nach Midsommar beginnt erst mal der Sommer und alle Schweden halten sich gerne draußen in der Natur auf. Und mitten im Sommer feiert man dann als richtiges Sommerfest, das Krebsessen am zweiten Donnerstag im August, in Schweden bekannt als Kräftskiva.

Der Flußkrebs erfreut sich in Schweden großer Beliebtheit, vor allem im August, wenn überall im Land das Krebsessen stattfindet. Der Brauch stammt daher, dass vor etwa 100 Jahren das Fischen von Krebsen, außer für 2 Monate im Herbst, verboten wurde. Früher wimmelte es in den schwedischen Flüssen von Krebsen und dann waren sie irgendwann vom Aussterben bedroht. Also musste man Maßnahmen ergreifen. Da man von nun an bis zum Spätsommer auf diese Delikatesse warten musste, wurde deren Rückkehr natürlich entsprechend gefeiert. Und so kam das Krebs-Festessen (Kräftskiva) auf. Inzwischen wurde diese Verordnung jedoch wieder aufgehoben und man kann das ganze Jahr über Krebse essen, jedoch wird heute der größte Teil aus anderen Ländern importiert. Trotzdem ist das Krebsessen im schwedischen Brauchtum fest verankert und nicht mehr wegzudenken.
Es kommen ganze Flusskrebse auf den Teller, die in Salzwasser mit viel Dill gekocht wurden. Dazu isst man Brot, Knäckebrot und Käse oder es gibt auch ein kleines Smörgåsbord mit Kartoffeln, Hering Köttbullar (die schwedischen Fleischklößchen). Und auch hier trinkt man wieder viel Bier, Schnaps und Aquavit und singt die traditionellen schwedischen Schnapslieder. Jede Strophe wird mit einem Schnaps beendet.
Man feiert wo immer möglich im Freien und schmückt den Garten mit Lichtern und Lampions. Auch kleidet man sich fröhlich und passend zum Anlass.
Inzwischen ist es so, dass die in Schweden gefangenen Krebse für diese Feierlichkeiten gar nicht mehr ausreichen. Bereits 1907 kam es zu Versorgungsschwierigkeiten, da viele Krebse der Flußkrebspest zum Opfer gefallen waren. So werden die Krebse heute aus anderen Ländern, vor allem der Türkei, Spanien und Amerika importiert und Schweden ist das Land, das am meisten Flusskrebse importiert.

Nach den ausführlichen Beschreibungen zu diesem Spätsommerfest, das schon etwas das Ende des Sommers ankündigt, geht es nun weiter mit den Festen im Herbst und Winter.
Ende August folgt nochmal ein ähnlicher Brauch, die Eröffnung der Surströmmingssaison und dann im September das Aalessen, beide haben jedoch nicht den Stellenwert des Krebsessens.

Ende September feiert man das Erntedankfest und einen Monat später „Alla Helgons Dag“, Allerheiligen.
Dieser offizielle Feiertag wird alljährlich auf den Samstag zwischen dem 31. Oktober und dem 6. November gelegt. Früher war es der 1. November, der auch in anderen Ländern als Allerheiligen gilt. 1772 verlegte man ihn auf einen Sonntag und dann 1953 schließlich auf einen Freitag. Man zündet Lichter und Kerzen an und gedenkt der Verstorbenen.
In Zusammenhang mit Allerheiligen sollte man vielleicht auch Halloween kurz erwähnten. Auch in Schweden hat dieser Brauch aus den angelsächsischen Ländern etwas Fuß gefasst. Am 31. Oktober
Werden die Hexenkleider zum dritten Mal angezogen. Wieder gehen die Kinder von Haus zu Haus um Süßigkeiten zu sammeln.
Am 6. November wird zur Erinnerung an Gustav II Adolf der Gustav-Adolfs-Tag gefeiert und am 2. Sonntag im November der Vatertag.

Auch in Schweden kennt man St. Martin. Der 10. November ist in Schweden St. Martinstag und auch hier hat das Martinsgansessen Tradition. Jedoch ist der Brauch heutzutage eigentlich nur noch in Schonen verbreitet, da es hier noch die meisten Gänse gibt. Der Martinstag ist der Gedenktag des Heiligen Martins von Tours. Von Frankreich über Deutschland gelangten die Martinstagsbräuche nach Schweden. Traditionell isst man eine „Schwarzsuppe“, die aus Gänseblut zubereitet wird, als Hauptgericht folgt die gebratene Gans und als Nachtisch ein Apfelkuchen.

Ende November/Anfang Dezember beginnt auch in Schweden die Adventszeit. Dazwischen schiebt sich jedoch noch ein anderer Anlass für eine Feier. Jedes Jahr am 10. Dezember, dem „Nobeldagen“ erfolgt in Stockholm die Nobelpreisverleihung durch den schwedischen König (außer dem Friedensnobelpreis, der in Oslo vergeben wird). Die Feierlichkeiten beginnen schon ein paar Tage vorher und enden am 13. Dezember. Am 10. Dezember werden die Preise im Konserthuset am Hötorget vergeben, anschließend findet im Stadshuset das Nobelbankett statt.

Kurz nach dem Nobeltag geht es dann weihnachtlich weiter. Lucia, ein weiteres typisch schwedisches Fest, feiert man besinnlich und ruhig (im Gegensatz zu den Festen im Sommer) am 13. Dezember.
Der 13. Dezember ist der Gedenktag der Heiligen Lucia, der Schutzheiligen aus Syrakus in Sizilien. Gleichzeitig galt dieser Tag vor der gregorianischen Kalenderreform als der kürzeste Tag des Jahres. Die Feierlichkeiten beginnen am Morgen in der Familie und setzen sich dann in der Schule, im Kindergarten oder am Arbeitsplatz fort. Es handelt sich um eine Art Prozession. Traditionell ist die älteste Tochter der Familie die Lucia. Sie führt den Zug an, trägt ein weißes Gewand und einen Kranz mit Kerzen auf dem Kopf (aus Sicherheitsgründen nimmt man heute auch oft elektrische Kerzen). Hinter ihr folgen weitere Mädchen, ebenfalls weiß gekleidet und mit Kerzen in den Händen, anschließend die Sternenknaben (stjärngossar) mit spitzen Papierhüten und einem sternenbekrönten Stab. Sie tragen ihre Lieder vor, darunter das Lucia-Lied, Santa Lucia, und verteilen das traditionelle Lucia-Gebäck, die sogenannten Lussekatter. Bei öffentlichen Veranstaltungen kann natürlich jeder die Rolle der Lucia übernehmen. Ursprünglich sollte sie jedoch blond sein, aber das wird heute auch nicht mehr so streng gesehen. Das Licht in Form der Kerzen hat eine wichtige Bedeutung. Man feiert, dass nun das Licht wieder kommt und die Tage langsam länger werden.

Am 23. Dezember ist der Geburtstag der Königin und dann endlich kommt das wichtigste Fest des Jahres: Weihnachten! Oder Jul auf Schwedisch!. Die Haushalte werden mit Weihnachtsschmuck und Kerzen dekoriert, in fast allen Fenstern steht der Ljusstake, ein Kerzenständer mit elektrischen Kerzen. Auch der Weihnachtsbaum, eine Überlieferung aus Deutschland, gehört in Schweden zu Weihnachten. Der Weihnachtsmann ist der Jultomte. Zusammen mit seinen Helfern, den Nissen, bringt er die Geschenke. Schweden besitzt aber noch ein anderes Weihnachtssymbol, und zwar den Weihnachtsbock. Er ist komplett aus Stroh hergestellt und es heißt, dass früher der Julbock (Weihnachtsbock) die Geschenke verteilte, bevor der Tomte (Nikolaus) diese Aufgabe übernahm.
Am 24. Dezember, dem Julafton, also an Heiligabend, findet das eigentliche Weihnachtsfest mit dem traditionellen Weihnachtsessen statt. Vorher sieht man sich aber im Fernsehen „Kalle Anke“ (Donald Duck) an, das gehört zum schwedischen Weihnachtsfest einfach dazu.
Das schwedische Standard-Weihnachtsessen besteht aus einem Smörgåsbord, dem Julbord, einem Buffet aus vielerlei Leckereien. Man beginnt mit Hering, geht dann über zu anderen Fisch- und dann Wurstsorten, auch geräucherter Wurst aus Elch- oder Rentierfleisch, begleitet von Salaten und sonstigen Beilagen. Anschließend folgen die warmen Speisen, wie Köttbullar (Fleischklößchen), kalt und warm geräucherter Lachs, gekochter Lachs, Kartoffelgerichte (z.B. Janson’s Frestelse), Julskinka, (Weihnachtsschinken), Elchbraten und nicht zu vergessen den „Lutfisk „. Zum Nachtisch gibt es traditionell den Reisbrei, eine Art Milchreis.
Am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag (Juldagen und Annandag Jul) gehen die Familienfeierlichkeiten weiter, ähnlich wie auch in Deutschland.

Und nun kommen wir noch zum letzten Tag des Jahres, Sylvester oder auf Schwedisch Nyårsafton.
Sylvester wird in Schweden nicht viel anders gefeiert als in anderen Ländern auch. Wie schon anfangs erwähnt, feiert man den Beginn des neuen Jahres meistens ausgelassen mit Freunden und mit einem ausgewählten, im Gegensatz zu Weihnachten eher etwas exklusiveren Essen. So stehen dann nicht selten Hummer und Meeresfrüchte auf dem Speiseplan. Um Mitternacht knallen die Sekt- und Champagnerkorken, man fasst Vorsätze für das Neue Jahr und lässt ein mehr oder weniger großes Feuerwerk los.

So also feiern die Schweden! Mal besinnlicher, mal feierlich, mal ausgelassen. Es gibt viele Anlässe. Schön ist es, wenn man als Besucher mal dabei sein kann.

Autor(in): Heide – Heide.Walker@conductix.com

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