Durchgefallen: Schwedisches Schulessen überwiegend mangelhaft

In mehr als jeder zweiten schwedischen Schule entspricht das Essen nicht den ernährungsphysiologischen Anforderungen. Zu diesem Ergebnis kommt „Kartläggning av svenska skolmåltider 2011“, die bislang größte Studie auf dem Gebiet. Dafür hat das Stockholmer Karolinska Institut das Essen in 191 Schulen auf den Prüfstand gestellt.

Peinlich: Noch vor wenigen Wochen warb Eskil Erlandsson für die Qualität der Schulverspflegung in seinem Land. Am 26. März hatte er sich mit der deutschen Amtkollegin Ilse Aigner zum Dialog in der schwedischen Botschaft in Berlin getroffen. Der Round-Table stand unter dem Motto „Notwendig, nahrhaft und nachhaltig – wie sehen gesunde Ernährung und Schulverpflegung der Zukunft aus?“. Und da war sich Erlandsson noch der Vorreiterrolle Schwedens sicher. Immerhin ist das Recht der Schüler auf ein kostenloses Mittagessen dort im Gesetz verankert.

„Schweden – die kulinarische Nation in Europa“: Von dieser Vision muss er sich nun vorerst verabschieden. Denn vorerst haben andere Dinge Priorität, wie etwa die schwedische Schulspeisung auf Vordermann zu bringen. Denn dem Karolinska Institut zufolge hält das Essen von nur gut sechs Prozent der Schulen die vorgeschriebenen Richtwerte für Eisen, Vitamin D, Fette und Ballaststoffe ein. Und nur ein Bruchteil der Schulen macht sich die Mühe, sich bei den Speiseplänen überhaupt am Nährstoffbedarf ihrer Schüler zu orientieren.

Das ist besonders ärgerlich, da es diesbezüglich an Empfehlungen nicht mangelt. Bereits 2007 hat die schwedische Lebensmittelbehörde mit „Good food in school“ einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, die unter anderem Richtlinien zur Lebensmittelauswahl und zur Häufigkeit der Mahlzeiten enthält. Demnach sollte es zum Beispiel öfters Fisch (vor allem fetten Seefisch) und Blutpudding geben, um die optimale Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und Eisen zu gewährleisten. Doch nur wenige Schulen halten sich daran.

Außerdem fehlt es an Auswahl: Bei mehr als der Hälfte der Schulen (54 Prozent) gibt es mittags nur ein Gericht. Bei 39 Prozent können die Schüler immerhin aus zwei Möglichkeiten auswählen, bei sieben Prozent kommen sogar drei bzw. mehr als drei Mahlzeiten auf den Tisch. Und nur 14 Prozent der Schulen bieten allen Schülern täglich die empfohlene vegetarische Alternative an. Allerdings gibt es mehr Verständnis, wenn die Schüler zum Beispiel aus ethischen oder religiösen Gründen bestimmte Lebensmittel nicht verzehren wollen. Das machen dann fast alle Schulen möglich. Das gilt genauso, wenn die Schüler aufgrund einer Nahrungsmittelallergie oder –unverträglichkeit besondere Diäten einhalten müssen. Besonders häufig ist hier eine laktosefreie Diät.

Es gibt viel zu tun. Zunächst müssen die Gründe für das schlechte Abschneiden ermittelt werden. Es kann an den Ressourcen einer Schule liegen, aber auch außerhalb ihrer Kontrolle, mutmaßt Projektleiterin Emma Patterson im Gespräch mit Radio Schweden. Ein guter Schritt ist sicher das neue Schulgesetz, das am 1. Juli 2011 in Kraft getreten ist. Darin ist nicht mehr nur die kostenlose Mahlzeit an sich vorgesehen, sondern auch, dass sie nahrhaft sein soll. Die Daten für diese Studie hat das Karolinska Institute von März bis Juni 2011 erhoben, also zuvor.

Autor(in): Inka Stonjek –

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