Der erste Satellitensender in Schweden, TV 3, begann 1987 mit der Ausstrahlung seines Programms, wobei er nur von einigen wenigen Haushalten empfangen werden konnte, während TV 4 ab 1991 landesweit zu empfangen war. Die Privatsender TV 3, Kanal 5, Eurosport, TV 6, ZTV und MTV erfreuen sich derzeit der höchsten Einschaltquoten.  Die öffentlichen Medienanstalten nehmen trotz der neuen Strukturen in der Rundfunk- und Fernsehlandschaft, immer noch die Hauptrolle in der schwedischen Radio- und Fernsehlandschaft ein. Die Verantwortung für die öffentlichen Radio- und Fernsehsender liegt bei drei Programmgesellschaften (Sveriges Television, Sveriges Radio, Utbildningsradion). Es handelt sich hierbei um drei Aktiengesellschaften, wobei jeweils eine Stiftung die Mehrheit der Aktien an der entsprechenden Gesellschaft hält. Die Aufsichtsräte der Stiftungen werden von der Regierung nach Vorschlägen aus dem schwedischen Parlament (Riksdagen) bestimmt. Sie garantieren sowohl die Unabhängigkeit als auch die Objektivität der Gesellschaften, und sorgen für die Einhaltung des Prinzips der Meinungspluralität und können Einspruch gegen ausgestrahlte Sendungen erheben. Ähnlich wie die GEZ-Gebühren, sorgen auch heute noch Rundfunkgebühren für die Unabhängigkeit der Rundfunk- und Fernsehsender. Über die Höhe der Rundfunkgebühren und deren Zuteilung entscheidet ebenfalls das schwedische Parlament.  Für die privaten Gesellschaften gelten ähnliche Grundsätze, wie sie für die öffentlichen Gesellschaften durch die Regierung festgelegt wurden. Regelungen für die Zeit und Verteilung der Werbezeit wurden per Gesetz festgelegt. Natürlich können mittlerweile einige schwedische Fernsehsender über Kabel oder Satellit in Europa empfangen werden. Das Auslandsprogramm des Fernsehsenders SVT Europa kann beispielsweise über Satellit (jedoch nicht unentgeltlich) empfangen werden. Weitere Informationen zum Empfang schwedischer Fernsehsender im Ausland sind auf der Website des jeweiligen Senders zu finden.

Weiterführende Links

 

(Autorinnen: Ana-Belén Pinera-Alvarez und  Heike Wienholz)

 

Digitalfernsehen und Public Service in Schweden

In Schweden spielt das Public Service-Konzept im Rundfunk, vergleichbar mit dem Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, traditionell eine große Rolle. Das Monopol der staatlich kontrollierten Sender konnte sehr viel länger aufrecht erhalten werden als in den meisten anderen europäischen Ländern. Bis heute gelten für die öffentlich-rechtlichen Sender SVT, SR und UR strenge inhaltliche Programmrichtlinien: Kultur und Bildung sollen im Mittelpunkt stehen, kommerzielle Werbung ist nicht erlaubt.

Nachdem 1987 mit dem ersten ausländischen Satellitensender das Privatfernsehen auch in Schweden Einzug gehalten hatte, musste sich die sozialdemokratische Regierung erstmals mit dessen Einfluss auf die schwedischen Fernsehzuschauer auseinandersetzen. Bei der nächsten und weitaus einschneidenderen technischen Neuerung, der Einführung des digitalen Fernsehens seit Mitte der 1990er-Jahre, versuchte die Regierung daher von Anfang an, sich an die Spitze der Entwicklung zu setzen und die Stellung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf dem digitalen Fernsehmarkt zu stärken. Dieser Kampf zwischen Regierung bzw. dem staatlich kontrollierten Fernsehen und den kommerziellen Sendern um die Vorherrschaft im digitalen Netz wurde und wird von heftigen politischen und öffentlichen Diskussionen begleitet – die für Schweden in dieser Form eher ungewohnt sind.

Regierung will öffentlich-rechtliche Sender im digitalen Netz stärken

Bei der digitalen Fernsehübertragung gibt es drei unterschiedliche Sendeformen: Über Kabel, über Satellit und über Antenne (terrestrisch). Die schwedische Regierung versuchte von Anfang an, den Ausbau des terrestrischen Netzes voranzutreiben und die Übertragung über Kabel und Satellit zurückzudrängen. Der wichtigste Grund dafür ist, dass für das terrestrische Fernsehen die schwedischen Gesetze und Regelungen gelten – ein privater Fernsehsender, der aus dem Ausland über Satellit nach Schweden sendet, muss sich an diese dagegen nicht halten.
Das Argument der Regierung gegen den Ausbau des digitalen Kabelnetzes lautete, dass die privaten Kabelnetzbetreiber nur in den dichter besiedelten Regionen ihre Kabel verlegten, da es sich für sie wirtschaftlich nur dort lohne – die dünn bevölkerten Regionen wären somit von den digitalen Programmen ausgeschlossen.

Durch Digitalfernsehen mehr Regional-, Minderheiten- und Spartenprogramme

Die Regierung versprach also einerseits einen Ausbau des digitalen terrestrischen Netzes im ganzen Land sowie eine Stärkung der öffentlich-rechtlichen Programme in diesem Netz zum Wohle der Bürger. Die 1997 vom Reichstag beschlossene Technikumstellung erfolgte in verschiedenen Etappen. Den Anfang machten die besonders bevölkerungsreichen Gebiete. In den betroffenen Regionen wurde das analoge terrestrische Fernsehen, das bisher über Antenne zu empfangen gewesen war, abgeschaltet. Um die neuen digitalen Programme sehen zu können, mussten sich alle Haushalte einen Receiver kaufen. Empörte Aufschreie in den Medien waren die Folge, viele Bürger wollten nicht zum Kauf dieses teuren Gerätes gezwungen werden. Seit 2007 ist die Technikumstellung in ganz Schweden abgeschlossen. Die Regierung brachte vor allem die Vorteile des digitalen Fernsehens ins Gespräch: Es könnten mehr Programme gesendet werden, so dass Raum für Regional-, Minderheiten- und andere Spartenprogramme geschaffen werde.

Zugeständnisse an Privatsender

Ob die damalige sozialdemokratische Regierung ihre medienpolitischen Ziele erreicht hat, ist mehr als umstritten: Die neuen Spartenprogramme des öffentlich-rechtlichen Fernsehens im digitalen Netz, zum Beispiel der Nachrichtenkanal N24, werden von den Bürgern nur zögernd angenommen und mussten zum Teil bereits wieder eingestellt werden. Zudem führte die Technikumstellung beim staatlichen Netzbetreiber Teracom und der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt SVT zu unterwartet großen finanziellen Problemen. Daher mussten aus wirtschaftlichen Gründen im digitalen terrestrischen Netz mehr Privatsender zugelassen werden als ursprünglich geplant. An diese Privatsender wurden zudem noch umfangreiche Zugeständnisse bei den Werberichtlinien gemacht, so dass die strengen schwedischen Regelungen nun doch nicht für alle Programme im digitalen terrestrischen Netz gelten. Positiv kann man allerdings bewerten, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen durch seine beliebten und bekannten Hauptprogramme seine Stellung in diesem schärfer gewordenen Wettbewerb immerhin verteidigen konnte.

Reinfeldt gegen zu viel Staat beim Rundfunk

Die massive Einmischung der sozialdemokratischen Regierung bei der Einführung des digitalen Fernsehens spielte auch vor der Reichstagswahl 2006 eine Rolle. So sprach sich der damalige bürgerliche Oppositionsführer und heutige Ministerpräsident Reinfeldt für weniger staatliche Kontrolle im Rundfunk aus, allerdings ohne das Public Service-Prinzip in Frage zu stellen. Die Frage nach den Auswirkungen, die die Digitalisierung des Rundfunks auch langfristig auf die Rolle des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Schweden hat, bleibt also spannend.

(Autor: Heike Wienholz)

Webb-TV und Webb-Radio

Die Fernsehsender SVT und TV4 bieten dem wissensdurstigen Schwedischlerner allerhand Möglichkeiten an, den Wortschatz zu erweitern. Auch das Hörverständnis kann damit verbessert werden.

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