Valborg feiern in Uppsala

Wann kommt endlich der Frühling in Schweden an? Die Zeit des Wartens kann sich unerträglich lang hinziehen. Aber wenn er endlich kommt, dann muss dies gebührend gefeiert werden. Valborg heißt in Schweden der Tag, an dem der Frühling offiziell im Land begrüßt wird. Am bekanntesten für den Empfang am letzten Tag im April ist Schwedens viertgrößte Stadt Uppsala.

Ekonomikumparken

Foto: Darcy Parks



Während in Deutschland nur am Abend in den ersten Mai getanzt wird, zeigen die Schweden an diesem Tag ihr Ausdauervermögen. In Schweden wird Valborg, die Kurzform von Valborgsmässoafton, den gesamten Tag lang gefeiert. Vor allem den Studierenden ist es zu verdanken, dass Valborg in Uppsala jährlich zu einem unvergesslichen Ereignis wird. Aus ganz Schweden kommen die Menschen angereist, um an den Feierlichkeiten teilzuhaben. In diesem Jahr belief sich die Teilnehmerzahl nach Schätzung der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter auf 100.000.

Der Name Valborg, wie auch der deutsche Name Walpurgis, geht auf die im 8. Jahrhundert geborene und im 9. Jahrhundert heiliggesprochene Walburga zurück. Vor allem in den östlichen Teilen Schwedens wird Valborg schon seit Urzeiten gefeiert. Im frühen 19. Jahrhundert begannen Studenten in Uppsala an Valborg hinauf zum Schloss zu gehen, um von oben einen guten Ausblick auf die lodernden Valborgfeuer zu haben. 1842 beschloss die studentische Gesangsvereinigung Allmänna Sången, dass Valborg eins von vier Studentenfesten im Jahr sein solle. Mit den Jahren kamen Gesang und festliche Frühlingsansprachen hinzu. Die heute anzutreffende Form ist eine Mischung aus traditionellen und modernen Elementen. Das Entzünden von Feuern zur Hexenvertreibung ist längst nicht mehr alleinige Attraktion. Das Aprilende muss mit einem rauschenden Fest begangen werden und ein Tag reicht hierfür nicht aus.

Die Meinungen über Valborg teilen sich in zwei Lager – während für viele Studierende und Jugendliche in Uppsala Valborg das Ereignis des Jahres ausmacht, eine Art schwedischer Spring Break, sieht die Polizei in diesem Ereignis vor allem die zahlreichen körperlichen und verbalen Übergriffe, sowie andere Ausfälle psychischer und physischer Art infolge von Alkoholexzessen.

Auch wenn der eigentliche Tag der Feierlichkeiten am 30. April stattfindet– um sagen zu können, man habe richtig teilgenommen und mitgefeiert, muss sich bereits im Vorfeld qualifiziert werden: Am Abend des 29. Aprils findet Kvalborg statt. Für gewöhnlich wird an diesem Abend in den Studentennationen schon einmal vorgefeiert und sich auf den Folgetag eingestimmt.

Am eigentlichen Valborg ist an ausschlafen nicht zu denken. So vollgepackt mit Terminen ist der Tagesablauf, dass an allen Veranstaltungen unmöglich teilgenommen werden kann.

Traditionell beginnt der Morgen mit einem Champagner- oder Sektpicknick mit Erdbeeren und Pfannkuchen im Grünen.

Von 10-13h findet das Forsränning statt. Ungewöhnliche, mit viel Liebe gebaute Wassergefährte, nehmen an diesem Bootrennen teil, frei nach dem Motto „Dabei sein ist alles“ oder „Alles kann – nichts muss“. Die gesamte letzte Aprilwoche wird das Forsfestivalen von der Technischen Fakultät veranstaltet. Hier nutzten dieses jahr rund 400 Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Bote und passende Kostüme zu basteln. Gestartet wird Punkt zehn Uhr an der Haglundsbrücke des Fyrisån. Mehr als 300 Boote gehen hier zu Wasser. Wer einen guten Sichtplatz bekommen möchte, dies gilt vor allem für die besonders begehrten Plätze zu Beginn der Route, sollte sich bereits gegen acht Uhr einfinden. Die größte Herausforderung der Rennstrecke steht den Bötchen und deren Insassen direkt zu Beginn der Fahrt bevor: Nur wer den kleinen Wasserfall besteht und nicht kentert, hat die Chance, das Rennen bis zum Ende durchzustehen.

Wer nach dem Bootrennen nicht an einem traditionellen Sillunch in einer der Nationen teilnehmen möchte, verbringt den Tag im Park. Die meisten Menschen finden sich im Ekonomikumparken ein. Zigtausende bringen hier ihren gesamten Tag zu. Mitunter ist es auf der Wiese so überfüllt, dass es schwer wird, noch einen Sitzplatz zu ergattern. Es gibt Musik und vielerorts wird gegrillt. Auch das Picknick wird häufig nachgeholt, ebenso wie ein kleines Schläfchen, um Kraft für die folgenden Stunden zu tanken.

Gegen 15 Uhr steht die nächste Entscheidung an. Wird am Mösspåtagning vor der Bibliothek teilgenommen oder doch lieber am Champagnegalopp?

Im Champagnegalopp gipfelt die dekadente Art des fröhlichen Ausrastens. Ebenfalls in einer der verschiedenen Studentennationen stattfindend, ist es nicht nur Ziel, möglichst viel Sekt zu trinken, sondern vor allem sich gegenseitig mit so viel Schaumwein wie möglich nass zu spritzen.

Das Mösspåtagning ist das zentrale Ereignis des Tages. Exakt um 15 Uhr winkt der Direktor der Universität vom Balkon der Bibliothek Carolina Rediviva aus mit seiner Studentenmütze. Das Publikum erwidert seinen Gruß, indem es seine weißen Studentenmützen aufsetzt oder hoch in die Luft wirft. Begleitet wird diese Zeremonie von einem ausgelassenen Frühlingsjubel. Jetzt ist der Frühling ganz offiziell da und die Menschenmasse schiebt sich nun traditionell den Carolinabacken vor der Bibliothek hinunter.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begnügte man sich noch damit, die Studentenmütze erstmals im Jahr am 30. April aufzusetzen. Erst seit 1955, eingeführt vom damaligen Diektor Torgny Segerstedt, besteht der Brauch, dass zeitgenau vom Balkon aus das Startzeichen zum Mützentragen gegeben wird.

Die Valborgsfeiern dauern bis in die Nacht an. Und die Ausmaße des Festes zeigen sich noch tagelang im Stadtbild: Auf den sonst so aufgeräumten Straßen türmt sich der Müll. Vor allem Dosen und Einweggrills sind übrig geblieben, aber ebenso vereinzelte Sofas oder das eine oder andere Stuhlbein. Auch wirkt es ungewöhnlich still und leer auf den Straßen. Es scheint, die Stadt müsse sich erst einmal für eine Weile ausruhen, um neue Kraft zu sammeln, und um dann fortan den Frühling in vollen Zügen genießen zu können.

 

Autor(in): Karsten Piel – karstenpiel@gmx.de

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