Schwedens Geschichte: Die Epoche der Wikinger (ca. 800 – 1060)

Der Überfall auf das Kloster und christliche Zentrum Lindisfarne am 8. Juni 793 gilt als Auftakt einer Epoche, die wie kaum eine andere mit Skandinavien assoziiert wird – die Wikingerzeit. Für mehr als zwei Jahrhunderte beeinflussten die Wikinger den Norden Europas und waren der „Schrecken“ des christlichen Abendlandes. Im heutigen Schweden finden sich noch heute zahlreiche Spuren der mythenumrankten Nordleute.

Runenstein im Historischen Museum Stockholm. Foto: mararie /flickr.com (CC BY-SA 2.0)

Runenstein im Historischen Museum Stockholm. Foto: mararie /flickr.com (CC BY-SA 2.0)

 

Die Betrachtung der Wikinger beruht auf Sagas, lateinischen, altslawistischen und arabischen Quellen sowie auf Runensteinen und weiteren archäologischen Funden. Doch vieles bleibt, wie allgemein in Hinsicht auf germanische Stämme im Ungewissen – Raum für Spekulationen. Selbst über den Begriff Wikinger bzw. viking herrscht noch Unklarheit. Dennoch oder gerade deshalb zählt die Ära der Wikinger zu den interessantesten in der Geschichte Skandinaviens.

In Schweden wurden während dieser Epoche die Grundlagen des späteren Königreichs gelegt. Auch die Gründung Schwedens ältester noch erhaltener Stadt Sigtuna am Mälarsee fällt in jene Zeit. In Museen, Themenparks und bei Streifzügen durchs Land lassen sich die Spuren der „schwedischen“ Wikinger verfolgen.

Expansion der Nordmänner

Bereits in der Vendelzeit (ca. 550-800) erweiterten die Svear ihre Machtbasis und Einflusssphären, trieben Handel im gesamten Ostseeraum. Weshalb diese Ära auch als Brücke in die Wikingerzeit gilt.

Blick auf den Hafen von Birka/Björkö. Foto: Per Ola Wiberg /flickr.com (CC BY 2.0)

Blick auf den Hafen von Birka/Björkö. Foto: Per Ola Wiberg /flickr.com (CC BY 2.0)

Ab etwa 800 expandierten die Nordleute weit über die angestammten Siedelungsgebiete hinaus. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Bevölkerung wuchs und damit die Schwierigkeiten diese zu ernähren. Das Erbrecht vermachte dem ältesten Sohn Grund und Boden, die jüngeren mussten sich eine neue Bleibe suchen. Aber auch eine gehörige Portion Abenteuerlust und der Drang nach Ruhm und Ehre ließen bäuerliche Krieger, landmüde Bauern und Bauernsöhne, aber auch Häuptlingskinder auf Raub und Handelsfahrten gehen. Zumal Kirchen, Klöster, Städte und die Verlagerung des Mittelmeerhandels nach Norden reiche Beute bzw. lukrativen Handel versprachen.

Grundvoraussetzung für derlei Expeditionen waren die überlegenen Langschiffe der Wikinger, die es erlaubten längere Strecken auf dem Meer in kurzer Zeit zurückzulegen. Zugleich für die Flussschifffahrt, schnelles landen und abziehen geeignet waren.

Blick nach Osten

Während die „dänischen“ und „norwegischen“ Nordmannen oder Normannen ihre Züge nach Westen und Süden richteten, wendeten sich die Wikinger des heutigen Schwedens vornehmlich gen Osten. Erreichten auf den großen russischen Flüssen das Kaspische und das Schwarze Meer, unternahmen Handelsreisen bis nach Bagdad und Konstantinopel.

Stadtgründungen wie Nowgorod und Kiew, wahrscheinlich auch die Kiever Rus’ gehen auf die Wikinger zurück. Von den ansässigen Slawen erhielten die Krieger und Händler aus dem Norden den Namen Waräger.

Der weitverzweigte Handel mit Waffen und Gläsern aus dem Westen, Pelzen aus dem Norden, Silber und Seide aus dem Osten, wie auch der Sklavenhandel ließ die Wirtschaft florieren. Nach 700 war Birka im Mälarsee für rund 200 Jahre das Handelszentrum im heutigen Schweden. Ebenso Gotland als Ausgangspunkt der Wikingerfahrten. Um 1000 entstanden die Handelsstädte Sigtuna und Lund (unter dänisch-wikingischer Herrschaft).

"Wikingerin" beim Abschied, Guide in Birka. Foto: Per Ola Wiberg /flickr.com (CC BY 2.0)

"Wikingerin" beim Abschied, Guide in Birka. Foto: Per Ola Wiberg /flickr.com (CC BY 2.0)

Sippe-Dorf-Königreich

Die Gesellschaft setzte sich aus freien Männern und unfreien Knechten zusammen. Während der Wikingerzeit differenzierte sich der soziale Status unter den Freien weiter aus. Das kleinste soziale Gefüge war die Sippe. Lebte die bislang auf Einzelgehöften, bildeten sich nun mehr und mehr Dorfgemeinschaften mit fester sozialer Struktur und dem Ältermann, dem Ältesten als politischen Führer. Der Zusammenschluss mehrerer Dörfer bildete eine religiöse, rechtliche und militärische Gemeinschaft.

Auf dieser Basis gab es zur Wikingerzeit auf dem Gebiet Schwedens zwei große Herrschaftsbereiche – das der Svear und der Götar, getrennt durch Kolmården und Tiveden sowie Vättern und Vännern. In altnordischen Quellen ist die Rede von nordanskog, dem Gebiet „nördlich des Waldes“ und sunnanskog, dem Gebiet „südlich des Waldes“.

Zum ersten Zusammenschluss dieser beiden Herrschaftsgebiete zum Svea Rike kam es unter König Olov Skötkonnung um 1008. Olov war der erste schwedische Herrscher, der sich taufen ließ. Bis 1060 stellte die Dynastie der Ynglingar die Könige. Es folgt ein Jahrhunderte dauernder Machtkampf zwischen (instabiler) monarchischer Zentralgewalt und Partikularmächten.

Einsetzende Christianisierung im Norden, innenpolitische Machtkämpfe und nicht zuletzt die Konsolidierung der europäischen Reiche beenden die Epoche der Wikinger. Damit endet auch die jüngste Phase der Eisenzeit in Skandinavien. Das Mittelalter bricht in Schweden an.

Autor(in): Mathias Grohmann – mathias_grohmann@web.de

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