Im Namen der Gleichheit? Maria Svelands Bitterfotze

erschienen im KiWi-Verlag

Was da im letzten Jahr vom KiWi-Verlag veröffentlicht wurde, schickte ein Raunen durch die Buchhandlungen der Nation. Handelte es sich dabei um einen Charlotte-Roche-Verschnitt und zwar um einen noch vulgäreren? Die Sorge stellte sich schnell als unbegründet heraus. Denn „Bitterfotze“, der Debütroman der schwedischen Journalistin Maria Sveland, ist abgesehen vom Titel kein Skandal in der Bücherwelt, sondern vielmehr ein pseudofeministischer Abriss.

»Dieses Buch kann mehr für die Gleichberechtigung tun als alle Reden dieser Welt.«

… titelt die schwedische Espressen.
Eine Behauptung, die nicht nur sehr mutig ist, sondern natürlich auch neugierig auf das Buch macht.
Darin geht es um die junge Mutter Sara, bei der man eigentlich den Eindruck hat, dass es sich nicht um eine Romanfigur handelt, sondern um Maria Sveland selbst. Denn viel Handlung gibt es in diesem Buch nicht. Es besteht vielmehr aus dem Schimpftiraden auf die böse Männerwelt, entwickelt mit der Zeit jedoch tiefenpsychologische Züge und bietet am Ende die versöhnliche Einsicht.

Sara entflieht dem schwedischen Winter, ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn, um für eine Woche nach Teneriffa zu fliegen. Dort erhofft sie, ihr Gedankenchaos ordnen zu können und endlich Antworten auf die vielen Fragen zu finden, die in ihr schwirren.

Warum haben Männer es so viel einfacher? Sie werden im Job bevorzugt und verdienen mehr Geld, sie haben wenig Pflichten im Haushalt und sie können Nachwuchs haben, ohne dass sie sich emotional zu sehr an ihm gekettet fühlen.

»Meine Verwandlung zur Bitterfotze hat viele Ursachen und ist langsam im Lauf meines Lebens vonstattengegangen. Aber nichts war so schmerzhaft, so schrecklich bitterfotzenbeschleunigend wie das Mutterwerden. Von allen Mythen ist der von der heiligen Mutterschaft der falscheste. Und er schmerzt am meisten.«

…schreibt sie.
Denn obwohl es zunächst den Eindruck macht, sie beschwere sich hauptsächlich über die Männer, geht es im Grund genommen nur um sie selbst. Die Emanzipation, von der sie im ersten Drittel des Buches schreibt, ist das, was ihr am Ende ein Bein gestellt hat.
Als schwedische Frau bekommt man früh das Gefühl mit auf dem Weg, dass es okay ist, das gleiche Leben zu leben, wie ein Mann und dass auch ein Mann gewisse Pflichten hinterm Herd und bei seinen Kindern zu erfüllen hat.
Aber das, was ganz tief in Sara nagt, ist, dass sie diese Freiheit, die Männer haben, rein kopfmäßig auch haben will, emotional aber nicht mehr in der Lage dazu ist. Ihre Karriere, ihre Hobbys, ihre Individualität: Alles rückt in den Hintergrund, wenn sie in die Augen ihres Kindes schaut und sieht, wie sehr es auf sie angewiesen ist.
Sie will all das haben, was die großen Frauenrechtler der Geschichte für sie möglich gemacht haben, aber ihre Muttergefühle erlauben es ihr nicht. Eine Einsicht, die alles ins Wanken bringt.

Was Sara am Ende also für sich erkennt, hat nichts mit der Gleichheit von Mann und Frau zu tun, sondern mit ihren Unterschieden. So ein bisschen, wie bei Eva Hermann, nur stiller, versteckter und weniger provokant.
Ein Buch, das alle Frauen lesen sollten; besonders dann, wenn sie sich mal wieder mit allem überfordert fühlen!

Autor(in): Nicole Schmidt – text.assistant@yahoo.de

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