Hälsingland – Wie „das Blatt eines Baumes“

Charakteristisch für Hälsingland: Der Blick über Rengsjö zeigt Wald und Wasser, Felder und Wiesen, Hügel und Berge. Foto: Nostalgi /commons.wikimedia.org/

Charakteristisch für Hälsingland: Der Blick über Rengsjö zeigt Wald und Wasser, Felder und Wiesen, Hügel und Berge. Foto: Nostalgi /commons.wikimedia.org/

Einst galten die Bewohner der Provinz Hälsingland als stolz und eigenwillig. Sie wehrten sich lange gegen Christentum und Steuerhebungen, lebten nach eigenen Gesetzen. Von Riesen und Trollen berichten die Legenden. Der Teufel selbst soll die Jugend des norrländischen Landstrichs zum „Tanz in den Tod“ verführt haben. Wen wundert’s, dass Hälsingland als Euphemismus für die Hölle diente. Die zerklüftete Küste, dichte Wälder, die blau schimmernde Hügellandschaft haben ihren Teil beigetragen.

Es hat etwas Mystisches. Hälsingland, die etwa 130.000 Einwohner zählende Provinz zwischen Bottnischen Meerbusen im Osten, Dalarna und Härjedalen im Westen, Gästrikland im Süden und Medelpad im Norden. Es ist das „Land der blauen Berge“, Heimat von Bär, Luchs, Wolf, Elch. Menschen hinterlassen seit 6.000 Jahren seine Spuren in der Landschaft, die mal sanft, mal wild erscheint, eine Ursprünglichkeit bewahrt hat.

Ein Mikrokosmos der Natur

Galt Hälsingland den einen als Hölle, beschrieb Carl von Linné diesen Teil von Schweden als Mikrokosmos aller Arten der Natur: Berge und Täler, Flüsse und Seen, Wiesen und Wälder. Noch heute sind 80 Prozent der Fläche Hälsinglands (rund 15.000 km²) Waldgebiet, die Holzindustrie wichtiger Wirtschaftszweig. Schließlich die Küste mit ihren Schären, Buchten und Stränden, Halbinseln und Landzungen, sogenannte „halsar“. Möglicherweise der Ursprung des Namens Hälsingland.

Beliebter Bade- und Picknickplatz: Der Frostkilen. Ein U-förmiger Sandstrand am Voxnan. Foto: Ulf Torberger /commons.wikimedia.org/

Beliebter Bade- und Picknickplatz: Der Frostkilen. Ein U-förmiger Sandstrand am Voxnan. Foto: Ulf Torberger /commons.wikimedia.org/

Aus einer anderen Perspektive erscheint die Region wie „das Blatt eines Baumes“, „so grün wie ein Blatt, und die Täler verzweigen sich ungefähr in derselben Weise, wie die Rippen auf einem ausgebreiteten Blatte.“ Es ist die Perspektive des kleinen Nils Holgersson auf seiner „Wunderbaren Reise mit den Wildgänsen“. Er sah „ein offenes lachendes Tal“ – das Tal des Ljusnan, der Hälsingland von Nordwesten nach Südosten durchzieht. Ein ein anderes Tal ist das des Voxnan. Mit 150 km Länge der größte Nebenfluss des Ljusnan und beliebtes Kanu- und Raftingrevier. Bei Bollnäs mündet er in den See Varpen und vereinigt sich hier mit dem Ljusnan.

Natur, Kultur und Meer

Die Stadt Bollnäs spielte als Knotenpunkt der Norra stambanan eine bedeutende Rolle in der Entwicklung Hälsinglands. Mit der Parkanlage Onbacken bietet sich nicht nur ein schöner Blick über den Varpen sondern auch die Überreste einer eisenzeitlichen Siedlung. Sehenswert sind auch die Kirche und der Museumshof Kämpens. Für die „süßen“ Gäste ist das Confiserie Museum der richtige Ort.

Die Gemeinde Bollnäs ist Schauplatz des Hälsingehambon, einem internationalen Volkstanz-Wettbewerb, der auf die Hårga-Legende zurückgeht. Danach spielte ein Mann eine magische Melodie auf seiner Fiedel, lockte die Jugend zum Tanz. Solange bis nur noch die Totenschädel der Tanzenden übrig blieben. Der Mann mit der Fiedel war der Teufel höchstselbst.

Blick auf Bollnäs mit der sehenswerten Kirche. Foto: Kallewangstedt /commons.wikimedia.org/ (CC BY-SA 3.0)

Blick auf Bollnäs mit der sehenswerten Kirche. Foto: Kallewangstedt /commons.wikimedia.org/ (CC BY-SA 3.0)

Bollnäs eignet sich als Ausgangspunkt für Touren in die ländliche Umgebung. Die können zu Fuß, mit dem Rad oder per Auto, mit Kanu oder Kajak in Angriff genommen werden – im Winter auf Skiern. Den Ljusnan aufwärts kommt mit Järvsö ein besuchenswerter kleiner Ort und Schwedens zwölftgrößtes Skigebiet. Westlich von Bollnäs kann der 28 km lange Stora Hälsingegårdars Väg von Alfta nach Edsbyn in Angriff genommen werden. Der Weg führt Besucher durch Kulturlandschaft, in kleine Dörfer und zu prächtigen Bauernhöfen, schon eher Bauernschlössern – den Hälsingegårdana.

An der Küste, direkt an der E4 liegt die ehemalige Waffenschmiede des Reiches Söderhamn. Anlaufpunkte des Städtchens mit Bebauung aus dem 17. Jahrhundert sind die frühere Gewehrfabrik und die Ulrika Eleonora Kyrka. Viele Parks laden zum Verweilen ein. Ein Überblick bietet sich vom Aussichtsturm Oscarsborg. Vollkommen wird der Besuch Söderhamns mit einem Abstecher in den 500 Inseln und Inselchen umfassenden Schärengarten.

50 km weiter die E4 entlang gen Finnland liegt Hudiksvall. Das frühere Fischerdorf ist nach Gävle die zweitälteste Stadt in Nordschweden, älteste Stadt und Zentrum Hälsinglands. Über dessen Geschichte können sich Gäste im Hälsinglands Museum informieren. Trotz zahlreicher Brände sind der einst bedeutenden Hafenstadt Holzbauten, darunter die Speicherhäuser des Hafens erhalten geblieben. Südlich der Stadt ist mit rund 2,6 km Schwedens längstes Höhlensystem, Bodagrottorna, zu erforschen. Unweit der Stadt die Dellensjöarna. Seen, die durch einen Meteoriteneinschlag entstanden sind.

Geheimtipp Hälsingland (?)

Es scheint als die alte Verwunschenheit des „Landes der blauen Berge“ lebt fort. Trotz der vielfältigen Möglichkeiten zwischen Natur und Kultur, zwischen Lagerfeuerromantik und quirligen Volksfesten ist Hälsingland als Urlaubsziel weniger bekannt. Touristen, die dennoch den Schritt auf „das Blatt eines Baumes“ wagen, können erholsame Tage erleben. Die einst als eigenwillig verschrienen Menschen tragen das Ihrige bei – mit ihrer Freundlichkeit und Gastfreundschaft.

Mehr zu den Erlebnissen in der Provinz Hälsingland unter www.halsingland.se (schwedisch/ englisch).

Autor: Mathias Grohmann – mathias_grohmann@web.de

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