Gästrikland – Das Tor zu Schwedens wildem Norden

Größter See in Gästrikland: Der Storsjön in Sandviken. Foto: Frank Huencke /commons.wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)

Größter See in Gästrikland: Der Storsjön in Sandviken. Foto: Frank Huencke /commons.wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)

 

„Hier beginnt die Wildnis“ wirbt die kleine Provinz Gästrikland, kaum zwei Autostunden von Stockholm entfernt. Einst zählte Gästrikland zu Svealand, bildet nach mehreren Gebietsreformen jedoch den südlichsten Zipfel Norrlands – das „Tor nach Norrland“.

„Dieses Land hat ein Kleid aus Tannenzweigen und eine Jacke aus Feldsteinen an. Aber um die Mitte trägt es einen Gürtel, der an Kostbarkeit nicht seinesgleichen hat, denn er ist mit blauschimmernden Seen und blumigen Wiesen bestickt; die großen Eisenhämmer schmücken ihn wie eine Reihe von Edelsteinen, und als Schnalle dient ihn eine große Stadt mit Schlössern und Kirchen und großen Häusergruppen.“ So bietet sich Gästrikland in Selma Lagerlöfs „Reiseführer“ die „Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ dar.

Natur und Industrie (-Kultur) auf kleinem Raum

Mit seinen rund 4.700 km² und nicht ganz 150.000 Einwohnern ist Gästrikland eine der kleinsten historischen Provinzen Schwedens.

Gelegen zwischen Uppland und Västmanland im Süden, Hälsingland im Norden, zwischen Dalarna und Bottnischen Meerbusen prägen fruchtbare Ebenen im Süden und Osten, ein hügeliger und waldreicher Norden und Westen und Wasser das Land. Gewässer wie der Storsjön in Sandviken oder Dalälven machen rund ein Zehntel der Fläche aus.

Im "Järnriket": Högbo Bruk, Sandviken. Foto: Calle Eklund/V-wolf /commons.wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)

Im „Järnriket“: Högbo Bruk, Sandviken. Foto: Calle Eklund/V-wolf /commons.wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)

Geprägt ist der Landstrich, der zusammen mit Hälsingland im Gävleborgs län aufgeht, aber auch von Industrie – Holz, Papier und Eisen und Stahl. Seit 2000 Jahren drückt Eisen Leben und Landschaft in dieser schwedischen Region seinen Stempel auf. Gästrikland wird auch als Järnriket bezeichnet.

Der Gävle-Sandstein

In den Hochöfen des schwedischen „Eisenreichs“ kam der Gävle-Sandstein zum Einsatz. Ein auf zwischen 800 und 1500 Millionen Jahre alt geschätztes rotes Gestein, mit gelben und grauen Variationen. Weitere Verwendung fand dieses Sedimentgestein aus dem Gävle-Graben für Mühlen- und Schleifsteine, später findet man es in Fundamenten, Treppen und Portalen. Unter anderem beim Hallwylska Museet in Stockholm.

Whisky, Högbo Bruk und Gävlebock

Hauptstadt von Gästrikland ist das gut 70.000 Einwohner zählende Gävle (früher: Gefle), zugleich Sitz der Bezirksregierung des Gävleborgs län. Hier ist der dreizehnmalige schwedische Eishockeymeister Brynäs IF zuhause. Genauso wie die größte Kaffeerösterei von Schweden – Gevalia.

Gävle bei Nacht: Das alte Rathaus. Foto: Henrik Lorenz (HLorenz) /flickr.com (CC BY 2.0)

Gävle bei Nacht: Das alte Rathaus. Foto: Henrik Lorenz (HLorenz) /flickr.com (CC BY 2.0)

Mittlerweile international bekannt ist Gävle jedoch für seinen Julbock. Alle Jahre wieder verfolgt die Welt, ob der dreieinhalb Tonnen schwere „Gävlebock“ die Weihnachtszeit und Neujahr unbeschadet übersteht – oder ob er in Flammen aufgeht.

Zu den Sehenswürdigkeiten von Gävle zählen die unter anderem Gamla Gefle, das Gefängnismuseum, das Schwedische Eisenbahnmuseum oder die Heliga Trefaldighets kyrka. Zudem gibt es den Furuviksparken, eine Erlebniswelt aus Vergnügungspark und Tierpark.

Etwas westlich der größten Stadt in Gästrikland liegt Mackmyra Bruk, Schwedens bedeutendste Whiskybrennerei. Ebenfalls nicht weit befindet sich Valbo mit Schwedens erstem Einkaufszentrum nach amerikanischem Vorbild. Im „Köpis“, wie es kurz genannt wird, kann man sich in mehr als 60 Geschäften dem Kaufrausch hingegeben.

Zur Ruhe lässt sich dann wieder in Sandviken kommen. Zwar Industriestadt, lädt hier das Naherholungszentrum „Högbo Bruk“ mit Hochseilgarten, Wald und Seen zum Verweilen ein. Weitere Ausflugsziele sind die Garten- und Parklandschaft „Wij Trädgårdar“ in Ockelbo oder der Nationalpark „Färnebofjärden“.

Bekannt ist Gästrikland auch als hervorragendes Angelrevier. Allerdings gilt für Fisch wie auch für Wild, Beeren und Pilze: Gästrikland gehört zu den von der Tschernobyl-Katastrophe 1986 betroffenen Gebieten. Zwar wird auch heute noch eine erhöhte Strahlung gemessen, aber das schwedische Strahlenschutzinstitut SSI gibt weitgehend Entwarnung.

Autor: Mathias Grohmann – mathias_grohmann@web.de

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