Der Schauspieler Michael Nyqvist

Was hat dieser Mann, dass derzeit beinahe jede starke Rolle, die in einem schwedischen Film zu vergeben ist, an ihn geht? Was ist so besonders an diesem auf den ersten Blick so unscheinbaren Mann, der immer ein bisschen nachlässig daher kommt?

Man kann es vielleicht einfach so zusammenfassen: Der Mann spielt sich die Seele aus dem Leib. Er kehrt das Innerste nach außen. Und man nimmt es ihm ab, egal welche Rolle er spielt. Unglaublich, was er aus den einfachsten Charakteren herausholt.

Doch wer steckt hinter dem Phänomen Michael Nyqvist und wie verlief seine Karriere?

Heute kennt den 51-jährigen, der bei Adoptiveltern aufwuchs und seine Schauspielausbildung an der Swedish Academic School of Drama abschloss, praktisch jeder deutsche Kino- und TV-Fan. Als unerschrockener, loyaler Journalist Mikael Blomkvist spielte er in Stieg Larssons spektakulärer „Millenium-Trilogie“ an der Seite der außergewöhnlichen Lisbeth Salander (Noomi Rapace) und ging im Kampf um Gerechtigkeit keiner Gefahr aus dem Weg.

Doch auch schon lange zuvor war er hierzulande im Fernsehen zu bewundern. Damals allerdings hat wohl kaum einer besonders auf ihn geachtet. In der ersten und wohl besten Staffel der Kult-Serie „Kommissar Beck“ war er als ruhiger, unscheinbarer Polizist John Banck seinen Vorgesetzten Martin Beck und Gunvald Larsson, alias Peter Haber und Mikael Persbrandt unterstellt. Das war 1998 und wahrscheinlich hätte sich niemand träumen lassen, dass ausgerechnet dieser Schauspieler einmal eine solche Karriere vor sich hätte.

Seither geht es Schlag auf Schlag. In den darauffolgenden Jahren gab es kleinere Rollen in sehr erfolgreichen Filmen, wie zum Beispiel „Dag och natt“, „Bang Bang Orangutang“, „Sök“, „Underbara älskade“, „Kautokeino upproret“ (alle wieder neben Mikael Persbrandt), „Tillsammans“, „Bäst i Sverige“, „Mastermind“ (eine spannende Folge aus der Wallander-Serie mit Krister Henriksson), „Arn-Tempelriddaren“, „Bröllopsfotografen“, „Änglavakt“ und „Den bästa av mödrar“, um nur einen Teil zu nennen. Besonders in letztgenanntem Streifen konnte man als Zuschauer nur staunen, mit welcher Intensität Nyqvist den Pflegevater eines kleinen, evakuierten Jungen im zweiten Weltkrieg spielte. Hier wurde endgültig klar, dass Nyqvist in die Reihe der ganz Großen gehört. Aus einer kleinen Nebenrolle einen großen Auftritt zu machen, das schaffen nur wahre Profis.

Hauptrollen erhielt Nyqvist in „Grabben i graven bredvid“ (der Typ vom Grab nebenan), wo er den weltfremden Bauer Benny verkörpert, in den sich die großstädtische Bibliothekarin Desirée (Elisabeth Carlsson) verliebt. Gänsehaut und Betroffenheit sind angesagt bei „Svarta nejlikan“ (die Schwarze Nelke). Der Film erzählt die wahre Geschichte von Harald Edelstam, der als schwedischer Botschafter in Chile nach dem blutigen Militärputsch durch General Pinochet alle diplomatischen Gepflogenheiten über Bord warf und unter gefährlichsten Bedingungen unzähligen Menschen das Leben rettete. Wem außer Michael Nyqvist wäre diese schwierige Rolle des entschlossenen, charakterstarken und doch so sensiblen Botschafters zuzutrauen? Wohl keinem, besonders wenn man berücksichtigt, dass es sich hierbei um die ernsthafte Darstellung einer Person handelt, die wirklich gelebt hat. Noch ein weiteres Highlight: Es gibt nicht viele schwedische Produktionen, die beim deutschen Kinopublikum erfolgreich sind. Diese war es, und zwar mit Recht. „Så som i himmelen“ (wie im Himmel) heißt der Streifen, der nicht nur mit einer wunderbaren Geschichte, sondern auch mit einem der schönsten Titelsongs, „Gabriellas Lied“ beeindruckt. Hier spielte Michael den erfolgreichen Dirigenten Daniel Daréus, der nach einem Zusammenbruch in sein Heimatdorf zurückkehrt und die Sänger eines keinen unprofessionellen Chors dazu bringt, alles aus sich herauszuholen. Die Chorproben setzen nicht nur gesanglich, sondern vor allem emotional Kräfte bei allen Beteiligten frei. Und schon wieder fragt man sich: Was hat Michael Nyqvist, dass ihm solche schwierigen Rollen auf den Leib geschrieben sind? Auf welcher emotionalen Ebene agiert dieser Mann und zieht die Zuschauer in seinen Bann?

Nyqvist, der in seinem Heimatland auch regelmäßig auf der Theaterbühne zu bewundern ist, agierte in den letzten beiden Jahren noch in der schwedisch-deutschen Koproduktion „Kennedys Hirn“, nach einem Roman von Henning Mankell. Hier war er neben Iris Berben und Heino Ferch zu sehen. Schließlich machte er noch zwei Abstecher nach Hollywood, wo er in „Mission Impossible – Phantom Protokoll“ „und Atemlos“ (Abduction) mitspielte. Stellt sich die Frage, ob ein Charakterdarsteller seiner Art nach Hollywood passt oder ob dort nicht ein Teil seines ganz eigenen, besonderen Stils untergeht.

Es bleibt spannend, in welchen Rollen Michael Nyqvist in Zukunft noch sein Talent zeigen kann.

 

Autor(in): Annette – a.biemer@t-online.de

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