Der Göta-Kanal – Schwedens Bauwerk des Jahrtausends

Göta-Kanal, Schleuse Motala. Foto: Allie_Caulfield/ flickr.com, (CC BY 2.0)

Göta-Kanal, Schleuse Motala. Foto: Allie_Caulfield/ flickr.com, (CC BY 2.0)

Über 190 Kilometer schlängelt sich eines der größten Bauprojekte Schwedens durch die Landschaft. Passiert im Verlauf von Mem an der Ostsee bis Sjötorp am Vänern 58 Schleusen, 50 Brücken, fünf Seen und überwindet knapp 92 Meter Höhenunterschied. Anziehungspunkt für Naturliebhaber und Schwedenreisende: Der Göta-Kanal zählt zu den wichtigsten kulturhistorischen Bauten Schwedens und wurde als Bauwerk des Jahrtausends gekrönt.

„200 Jahre Göta-Kanal“ hieß es vergangenes Jahr. Was da gebührend gefeiert wurde, war der erste Spatenstich eines Mammutprojektes im Jahr 1810. Bis zur Fertigstellung sollten noch mehr als zwei Jahrzehnte vergehen. Doch die 22 Jahre Bauzeit sind nichts, im Vergleich zu den Jahrhunderten, die es dauerte bis die Idee dieser Wasserstraße Wirklichkeit wurde.

Ein 300 Jahre alte Idee wird verwirklicht

Schon Gustav Vasas soll mit dem Gedanken einer Wasserstraße quer durchs Land gespielt haben. Ebenso der Bischof Brask in Linköping. Doch war die Zeit für ein solches Projekt noch nicht reif, weder wirtschaftlich, geschweige denn politisch. 1716 fasste Karl II. den Beschluss und beauftragte zunächst eine Umgehung der Wasserfälle von Trollhättan. Doch wurde Schutzdamm der Ingenieure Polhem und Swedenborg 1755 von Treibholz zerstört. Der Bau ruhte, eine Zeit des Für und Wider. Bis Graf Baltzar von Platen die Bühne betrat.

Platen, Seeoffizier und Staatsrat, Freund des Kronprinzen Carl Johan saß seit 1798 im Aufsichtsrat von „Trollhätte Kanal“ und befasste sich eingehender mit der Idee eines Kanals vom Kattegatt zur Ostsee. „Ein Kanal würde sowohl den Handel erleichtern, als auch für das schwedische Militär Vorteile bringen.“, so Graf von Platen.

1806 war der Minister soweit und legte seine Abhandlung zum Kanalbau vor. Das Ergebnis: Von Platen erhielt den Auftrag zur Planung dessen, was heute als Göta-Kanal bekannt und beliebt ist. Zur Unterstützung zog er den Schotten Thomas Telford hinzu. Den damals anerkanntesten Kanalbauer.

Unterwegs auf dem Göta-Kanal. Foto: lillemor.johansson56/ flickr.com, (CC BY 2.0)

Unterwegs auf dem Göta-Kanal. Foto: lillemor.johansson56/ flickr.com, (CC BY 2.0)

Im April 1810 erhielt die Göta-Kanalgesellschaft von Carl XIII. das Privileg, den Kanal zu bauen und zu betreiben. Das schloss die notwendigen Grundstücke und Arbeitskräfte ein.

Der Bau

Nachdem der Kanalverlauf abgesteckt, das Projekt abgesegnet war, konnte der Bau beginnen. Der erste Spatenstich erfolgte im Mai 1810 in Motala, am Ostufer des Vättern. Gleichzeitig begannen bei Forsvig am Viken die Spreng- und Grabungsarbeiten. In Forsvig verrichtet heute die älteste Schleuse des Kanals ihren Dienst. Von den 190,5 Kilometern des Kanals, mussten 87,3 Kilometer gegraben werden. Eine Fleiß- und Handarbeit, weitgehend mit Hacke und Spaten, die Mengen an Arbeitskräften band. 1812 waren 7.000 Arbeiter mit sprengen, graben und dem Abtransport der Erdmassen beschäftigt.

Insgesamt wurden im Bauverlauf 58.000 schwedische Milizsoldaten zum Kanalbau abberufen. Dazu kamen ein Teil ziviler Arbeiter und russische Deserteure. Die Kostengünstigen Arbeiter leisteten rund sieben Millionen Tagewerke mit jeweils 12 Stunden.

Die Massen an benötigten Arbeitern zeigten: Schweden war Entwicklungsland. Zumindest was den Maschinenbau betraf. Technisches Gerät wie Bagger wurde aus Großbritannien herbeigeschafft, samt englischem Personal. Von Platen hielt fest: „Unbezahlbar war aber das Wissen, das die Briten an uns weitergaben.“

Mit Hilfe der „Gastarbeiter“ wurde 1822 in Motala eine Werkstatt gegründet, die den Maschinenbedarf für den Kanalbau decken sollte. Der Grundstein der schwedischen Maschinenindustrie.

Feierliche Einweihung 1832

1822 wurde die Västgötaseite des Kanals eingeweiht. Dem König war das den Serafimerorden für seinen Untertan von Platen wert. Zehn Jahre später: Am 26. September 1832, 22 Jahre nach dem ersten Spatenstich konnte die Östergötland-Strecke und somit der gesamte Kanal eingeweiht werden. Mit Pomp und Gloria, unter den Augen des schwedischen Königs Carl XIV. Johan und dessen Familie fanden die Feierlichkeiten in Mem statt. Baltzar von Platen fehlte: Dem Schöpfer des Bauwerks waren Fertigstellung und Einweihung, die Krönung seines Lebenswerkes nicht vergönnt. Er verstarb bereits 1829.

Von seiner Fertigstellung an bis Ende des Jahrhunderts war der Kanal wichtiger Transportweg für Waren und Menschen. In Verbindung mit Göta älv und Trollhätte-Kanal ließ sich von nun an Schweden durchqueren. Die Passage durch den Öresund, vor allem der Sundzoll ließ sich mit der neuen Verbindung zwischen Nord- und Ostsee vermeiden. Zugleich hatte die schwedische Flotte ein Rückzugsgebiet, um Dänen und Russen auszuweichen.

Jahrtausendbauwerk und Besuchermagnet

Zwar verlor der Göta-Kanal seine Bedeutung für Handel und Militär. Der Faszination tat das jedoch keinen Abbruch. Wenn heute von dem Kanal die Rede ist, spricht man vom „blauen Band Schwedens.“ Rund drei Millionen Besucher jährlich ziehen der beschauliche Kanal mit seinen 58 Schleusen, die idyllische Natur und die historischen Stätten zu seinen Ufern an. Neben Freizeitbooten, verkehren in der Saison Kanalschiffe auf dem berühmten Wasserweg. Dabei darf keines länger als 30 Meter, breiter als 7 Meter, höher als 22 Meter sein und einen Tiefgang von mehr als 2,82 Meter haben. Die bekanntesten sind die Wilhelm Tham, die Diana und die Juno. Das älteste im Dienst stehende Passagierschiff der Welt. Seit 1874 schippert die „alte Dame“ den Kanal entlang.

Im Jahr 2000 erwählten die Schweden über die Zeitschrift Byggindustri (Bauindustrie) den Göta-Kanal zu ihrem Bauwerk des Jahrtausends.

=> Götakanal – offizielle Seite

Autor: Mathias Grohmann – mathias_grohmann@web.de

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